Erbe regeln

Der Erbvertrag

Um das Erbe oder Teile hieraus zielgerichtet an bestimmte Personen oder Organisationen weiterzugeben, bietet das moderne Erbrecht einen sicheren Weg an. Die betreffenden Parteien schließen einen Erbvertrag. Im Gegensatz zum Testament ist dieser Vertrag nur dann änderbar, wenn alle Parteien der Änderung zustimmen. Es handelt sich also um einen Vertrag mit einem bestimmten, auf das Erbe ausgerichteten Inhalt, an den sich alle Seiten binden, eine Aufhebung oder Änderung kann nicht daher einseitig erfolgen.

Warum werden Erbverträge geschlossen?

Nicht jeder ist mit der gesetzlichen Erbfolge glücklich. Viele bedürfen einer individuellen, vom allgemeinen Standard abweichende Lösung. Die Gründe für einen Erbvertrag sind vielfältig. Nicht selten geht es beim Abschluss eines Erbvertrages um die zielgerichteten Weitergabe eines bestimmten Vermögensgegenstandes an eine speziell hierfür vorgesehene Person, die bei Erbverteilung nach den gesetzlichen Regelungen nicht in den Genuss dieses Erbteiles käme. In vielen Fällen handelt es sich um die Weitergaben von Immobilien.

Nicht weniger häufig liegt das Motiv für einen Erbvertrag in dem Wunsch, einen gesetzlichen Erben zu enterben. Hierbei handelt es sich meist nicht um einen vollständige Enterbung, für die es strenge Regelungen gibt, die wir an anderer Stelle erläutern. Anhand eines Beispiels wollen wir jedoch verdeutlichen, wie die praktische Umsetzung in diesem Fall aussieht.

Häufige Ausgangssituation: Ein älteres Ehepaar hat 2 Kinder, die beide laut Gesetz erbberechtigt wären. Leider ist der Kontakt zu einem Kind seit Jahren problematisch und mittlerweile vollständig zu erliegen gekommen, so dass es für die Eltern schwer einsehbar ist, dass im Fall des Todes dieses Kind den gleichen Anteil am Erbe erhalten soll wie das andere Kind, zu dem die Beziehungen stets gut waren. Das Vermögen der Eheleute beläuft sich im Wesentlichen in einer Immobilie im Wert von 300.000 Euro. Stirbt ein Ehepartner, so stünden dem länger lebenden Ehepartner und beiden Kindern ein Erbteil vom verstorbenen Elternteil zu. Wird nichts unternommen, steht dem Ehepartner im Erbfall die Hälfte des Erbes zu, die Kinder teilen sich die andere Hälfte. Da das nicht im Sinne der Eltern ist, schließen sie einen Erbvertrag mit dem Kind, zu dem der Kontakt stets gut war, das andere Kind hat zwar immer noch einen Anspruch auf einen kleinen Betrag, den sog. Pflichtteil, aber es ist sichergestellt, dass im Falle des Todes dieses Kind keine Zugriffsmöglichkeit auf die Immobilie hat. Meist wird in diesen Verträgen auch den Weg des Erbes des länger lebenden Ehepartners geregelt. Eine Kombination mit einem Testament, der die im Erbvertrag noch nicht geregelten Vermögenswerte berücksichtigt, kann sinnvoll sein und wird von Experten empfohlen.

Beim vorangegangenen Beispiel handelt es sich um nur eine Möglichkeit der Gestaltung, es gibt zahlreiche weitere Wege. Das Beispiel verdeutlich aber, dass den Beteiligten wichtig ist, dass ein bestimmtes Eigentum einen bestimmten Weg zu einer bestimmten Zeit gehen soll und genau hierüber wollen die Beteiligten eine vertragliche Sicherheit vereinbaren.

Weitere Motive für einen Erbvertrag:

  • Weitergabe bestimmter Eigentumswerte an Organisationen oder Stiftungen
  • Weitergabe bestimmter Eigentumswerte an Personen außerhalb der gesetzlichen Erbfolge
  • Weitergabe bestimmter Eigentumswerte an bestimmte Personen innerhalb der gesetzlichen Erbfolge, um einen Erbstreit zu verhindern (besonders häufig bei unteilbaren Vermögensgegenständen)

Wichtig: In Erbverträgen kann eindeutig geregelt werden, was im Falle des Falles an wen gehen soll. Ein Beratung ist jedoch immer wichtig, da ein Erbvertrag ein Eingriff in die Rechte weiterer Erben darstellen kann. Hier muss die Gefahr von Pflichtteilsansprüchen, ggfls. auch Ergänzungsansprüchen geprüft werden und ggfls. ausgeschlossen werden. Bei der Prüfung kann sich schnell herausstellen, ob es Risiken gibt, wo diese liegen oder möglicherweise auch, dass eine Alternative günstiger wäre.

Was zu beachten ist?

Der Vererbende hat sich mit seiner Unterschriftsleistung festgelegt, dass ein bestimmter Vermögensgegenstand an den anderen Vertragspartner gehen soll. Meist werden diese Verträge von Todes wegen geschlossen. Der Vererbende kann also noch weiterhin über den Gegenstand verfügen, kann ihn jedoch nicht mehr verkaufen, durch den Vertrag der weitere Weg vorbestimmt ist. Ein geschlossener Vertrag ist zu erfüllen und hat auch dann noch seine Gültigkeit, wenn spätere anderslautende Verfügungen in einem Testament auftauchen sollten. Verfügungen in Testamenten werden in diesen Fällen unwirksam. Wird der Vertrag geschlossen, nachdem ein Testament errichtet wurde, so wird davon ausgegangen, dass der Vererbende seine Meinung geändert hat und der Erbvertrag an die Stelle des Testamentes tritt. Wird ein Testament errichtet, nachdem ein wirksamer Erbvertrag geschlossen wurde, so gilt nach wie vor der Erbvertrag, das Testament ist hinsichtlich der im Erbvertrag benannten Gegenstände unwirksam. Nicht vergessen werden darf die Tatsache, dass ein Erbvertrag die gesetzliche Erbfolge nicht außer Kraft setzt und diese weiterhin gilt, doch bietet der Erbvertrag eine große Bandbreite für individuelle Gestaltung nach den Wünschen des Vererbenden.

Können Erben gegen einen Erbvertrag zugunsten Dritter vorgehen?

Natürlich kann es vorkommen, dass Erben mit einem geschlossenen Erbvertrag zugunsten Dritter nicht einverstanden sind und gegen diesen Vertrag etwas unternehmen wollen. Doch gegen einen wirksam geschlossenen Erbvertrag selbst kann man kaum etwas machen. Relevant kann hierbei höchstens ein Ersatzanspruch in Form von Geldzahlungen werden, den gesetzliche Erben aus dem Pflichtteilsrecht ableiten. Der Inhalt ist es meist, der Anlass für die Erben gibt, gegen den Vertrag vorzugehen, doch da hier weitgehende Vertragsfreiheit herrscht, sind Anfechtungen meist nur dann erfolgreich, wenn der Vertrag fehlerhaft ist, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Vertrag irrtümlich geschlossen wurde oder die Umstände des Vertragsschlusses vermuten lassen, dass der Vererbende unter Druck gesetzt wurde oder sich unter Druck gesetzt fühlte. Im Gegensatz zu Testamenten sind bei Erbverträgen Anfechtungen sind äußerst selten erfolgreich.

Aufbewahrung von Erbverträgen

Es gibt bei der Aufbewahrung von Erbverträgen die keine gesetzliche Vorschrift, dass der Erbvertrag amtlich hinterlegt werden muss. Die vertragschließenden Parteien müssen, anders als beim gemeinschaftlichen Testament, eine Regelung über die Verwahrung treffen, also selbst für eine sichere Verwahrung sorgen. Tipp: Die freiwillige amtliche Verwahrung ist ein sichere Lösung und schließt in jedem Falle aus, dass der Vertrag durch wen auch immer still und heimlich entwendet oder gar vernichtet werden kann.